Konzert-Review: The Gaslight Anthem, 12. November 2014 im Volkshaus Zürich

Schon im Vorfeld des Konzertes von The Gaslight Anthem war die Verwunderung darüber gross, dass der kommende Gig noch nicht schon längst ausverkauft war. Bis jetzt brauchte die Band bloss mit dem Finger zu schnippen und die ganze Schweiz kam angerannt. Es zeichnete sich also bereits beim Ticketvorverkauf ab, dass der Glanzpunkt dieser amerikanischen Rockband wahrscheinlich vorbei ist und diese Annahme sollte sich während des Konzertes dann auch bestätigen. Aber zuerst zu den Vorbands.

Bayside aus Queens waren der erste Opener. Zu hören gab es College-Punkrock, der zeitweise wie eine punkige Mischung aus Dashboard Confessional und Weezer klang. Was primär nach einer guten Kombination klingt, erwies sich beim Konzert als eher schwierig. Die eigentlich sehr eingängigen Refrains mit tollen, packenden Gitarrenriffs wurden in den Strophen durch schwer fassbare Melodien, eigentümliche Hooklines und schwierige Gesangsmelodien durchbrochen. Auf Studioaufnahmen funktioniert dieses System deutlich besser, da man mehr Zeit und Musse hat, sich genau auf die Songs zu konzentrieren. Live war das schlichtweg eine Überforderung. Nichts desto trotz kam die junge Band gut an im Publikum und insgesamt war es ein kurzweiliges Set.

Die zweite Supportband an diesem Abend waren Deer Tick, ebenfalls aus den USA. Deer Tick, ursprünglich als Highschool-Band gegründet, ist kein unbekannter Name mehr in der Indie-Szene, weshalb man vor ihrem Gig die eine oder andere Erwartung hatte. Sie selber bezeichnen ihre Musik als Independent-Folk, live kommt ihre Musik aber sehr satt und rockig daher und würde wohl als Indie-Folkrock besser beschrieben sein. Die stark ausgeprägten Country-Elemente in ihrem Sound brachten am Konzert eine willkommene Abwechslung in den monotonen, nasalen Gesang des Frontmanns John McCauley und das relativ einseitige Songwriting. Erst, als die Band zu einem schnelleren, Rockabilly-angehauchten Lied ansetzte, hatte man das Gefühl, dass etwas Schwung in die ganze Sache kam. Ansonsten plätscherte das Set lustlos vor sich hin und sorgte kaum für eine bessere Stimmung im Publikum.

Erst um etwa 22 Uhr traten die Hauptfiguren dieses Abends auf die Bühne: The Gaslight Anthem. Schon vom ersten Ton an fiel auf, dass Sänger Brian Fallon stimmlich nicht in guter Form war. Entweder lag es am Tontechniker oder am Frontmann selber, aber der Gesang war deutlich leiser als die restlichen Instrumente, zeitweise hatte man sogar das Gefühl, Fallon singe falsch. Die sonst so ausdrucksvolle, raue und kräftige Stimme Fallons wirkte an diesem Abend fragil, heiser und beinahe lustlos. Dies sorgte während des ganzen Konzertes für ziemlich gemischte Gefühle. Abgesehen davon war die Band umso beeindruckender. Die langjährige, gemeinsame Bühnenerfahrung merkte man den Jungs an. Routiniert und klar, aber mit ordentlich Wumms drang ihr Sound durch die Boxen des Volkshauses und sorgte für ein druckvolles, vorantreibendes Gesamtbild.

Das Set bestand fast ausschliesslich aus Songs ihrer beiden Alben „Handwritten“ und dem neuen Werk „Get Hurt„. Musikalisch gesehen war es eine homogene, ausgewogene Mischung und die Songs kamen live alle recht gut, aber auch etwas eintönig rüber. Einen drastischen Einbruch der Stimmung entstand aber tragischerweise beim Titelsong ihres neusten Albums: „Get Hurt“ klang, um es ganz aufrichtig zu sagen, richtig schlecht. Brian Fallon brummelte uninspiriert vor sich hin, die Band schien auf keine Weise mit ihm zu harmonieren.

Diese fehlende Harmonie zwischen Band und Frontmann war das ganze Konzert über ein spürbares Dilemma: Sänger Brian Fallon machte den Eindruck, nicht wirklich zu seiner Band zu gehören. Was aber die Gründe für diese Unausgeglichenheit waren, konnte man nicht herausfinden. Vielleicht hatte Fallon einfach einen schlechten Tag. Wortkarg spielten Gaslight Anthem einen Song nach dem anderen. Erst gegen Ende des Konzertes wagte der Sänger ein paar schüchterne Worte an seine Fans, versuchte zu interagieren und einen Witz zu machen, aber auch das schien ihm nicht zu gelingen und wirkte aufgesetzt und unnatürlich.

Nach etwa 1 Stunde und 15 Minuten Spielzeit, was wirklich recht kurz ist, war die Stimmung im Saal dementsprechend nüchtern und ruhig. Der Applaus zwischen den Songs war mager, der Funke sprang nie wirklich über. Irgendwie schade, denn die Band spielte wirklich gut und grundsätzlich kann man nicht behaupten, das Konzert wäre schlechte gewesen. Aber irgendetwas Grundlegendes hat gefehlt. Man vermisste die alten Hits, man vermisste den Gaslight-Anthem-Esprit, diese unbändige und wilde Kraft, die üblicherweise von der Band ausging.

Man kann von Chris von Rohr halten, was man will, aber in diesem Fall müsste man fast seinen Satz von „meh Dräck“ verwenden: „Meh Dräck“, das hätte Gaslight Anthem an diesem Abend wahrscheinlich echt gut getan. Wäre die Location kleiner gewesen, verruchter, rockiger, hätte die Band nicht so perfektionistisch und routiniert gespielt – vielleicht hätte sich dann auch Brian Fallon etwas wohler gefühlt.

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