Zürich Openair 2016 – Zusammenfassung Tag 3 + 4

Mein Review zu den letzten beiden Tagen vom Zürich Openair 2016. Ich war am Freitag um 18.10 Uhr auf dem Gelände und am Samstag um 18.50 Uhr. Das heisst ich habe folgende Bands nicht gesehen: Pedro Lehmann (leider!), Rival Kings, Tocotronic, ABU, Silver Firs, Theme Park, Wolfman, Coasts. Am Samstag Abend habe ich Dillon und Underworld sausen lassen, da müde und gesundheitlich angeschlagen.

Tag 3

Miike Snow

Miike Snow hat mir ziemlich gut gefallen. Ebenfalls im Elektropop einzuordnen, bot der junge Amerikaner eine unterhaltsame und professionelle Show. Ausserdem kam live auf der Bühne seine Musik viel rockiger und ungezwungener rüber als auf den Aufnahmen und in YouTube-Videos, was mich natürlich sehr angesprochen hatte. Ein ganz guter Start in den Freitag Abend.

Soulwax

Von Soulwax habe ich persönlich eigentlich ziemlich viel erwartet. Jedoch war es nach Miike Snow dann relativ schwierig, im Zelt die Stimmung zu bewahren. Trotzdem kamen die Belgier im Publikum relativ gut an, für mich ein weiterer Elektro-Act unter vielen, und langsam aber sicher fragte ich mich: Wo bleibt beim ZOA dieses Mal die Abwechslung, die ich sonst immer so toll fand an dem Stadtfestival?

Róisín Murphy

Viele kamen am Freitag Abend wohl nur wegen ihr nach Zürich. Die Irin ist bekannt für ihren verschrobenen, elektronischen Indiesound und ihre Extravaganz. Ehemals gehörte sie zum Duo „Moloko“, nun ist sie solo unterwegs. Ihr Konzert am ZOA mag die Fans ganz klar angesprochen haben, es war eine tolle Show. Jedoch ist ihre Musik sehr unzugänglich und für ein Set auf der Hauptbühne meiner Meinung nach eher ungeeignet. Sie wäre für mich jetzt ein typischer Zelt-Act gewesen. Das merkte man dann auch deutlich an der stetig schwindenden Menge an Zuschauern vor der Hauptbühne. Gegen Ende des Sets waren dann schon deutlich mehr Leute im Zelt und warteten auf den jungen Jake Bugg. Zeitweise war man sich auch nicht so sicher, ob Murphy nicht auch einfach eine riesige Modenschau veranstaltete, denn sie wechselte das Kostüm etwa so oft wie Britney Spears zu guten Zeiten… Manchmal wäre weniger eben doch mehr.

Jake Bugg

Der sehr junge Engländer Jake Bugg wurde vom Publikum herzlich und freudig empfangen. Für mich jedoch sank die Vorfreude bereits nach den ersten paar Tönen: Seine Stimme klang live, als würde man ständig auf einem Quietsche-Entchen rumdrücken. Schrecklich! Seine Songs waren eingängig und hatten grosses Potential, aber diese Stimme geht ja gar nicht. Beziehungsweise seine Art zu singen… Hm! Abgesehen davon, dass Bugg wohl nicht so ganz weiss, wo er sich einordnen will. Der Musikstil seiner Songs reicht von Country bis Rock und lässt sich schwer greifen. Talent kann man ihm nicht absprechen, aber ob dieser Act von Bestand ist, sei dahingestellt.

Editors

Die Editors: eigentlich immer sehr gut, aber auch immer ein wenig langweilig. Frontmann Tom Smith gab jedoch alles und tanzte, sprang und sang sich einmal mehr in die Herzen seiner Fans. Ihr Konzert am ZOA war nichts spektakuläres, aber routiniert und solide.

Bloc Party

Bloc Party haben ihre besten Zeiten eindeutig hinter sich. Die Band rund um den energiegeladenen Frontmann Kele Okereke gab auch am Zürich Openair alles und vermochte die tanzfreudige Meute vor der Bühne zu begeistern. Und trotzdem konnten die Briten nie mehr an den Erfolg ihres Albums „A Weekend in The City“ anknüpfen. Nichts desto trotz: Ihr Auftritt am ZOA war einwandfrei.

Massive Attack

Nach drei Tagen quasi nur elektronischer Musik war man diesem Musikstil schon ziemlich überdrüssig. So hatten Massive Attack bei mir am Freitag Abend einen sehr, sehr schweren Stand, obwohl ich mich im Vorfeld ziemlich fest auf sie gefreut hatte. Ich hatte einfach keine Lust mehr, schon wieder einem eher düsteren, vor sich in wummernden Elektro-Act zu lauschen, auch wenn es mit Trip-Hop wenigstens ein bisschen Abwechslung gewesen wäre. So war für mich dann nach ein paar Songs Schluss. Was nicht heisst, dass der Auftritt von Massive Attack nicht wunderbar gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Ihre Wucht kam auf der Hauptbühne sehr gut rüber. Aber für mich wars einfach genug der schweren Musik.

 

Tag 4

Oscar & The Wolf

Die jungen Belgier haben mir sehr gut gefallen. Ihr Set flachte zwar in der Mitte etwas ab, jedoch boten sie, trotz schon wieder Elektro, etwas mehr Abwechslung als andere Bands am ZOA.

Bilderbuch

Die Jungs von Bilderbuch haben für mich persönlich das ZOA gerettet. Endlich einmal etwas anderes, erfrischendes, endlich einmal eine Band, die eine Show bietet, an der alle etwas haben. Spass, Unterhaltung, tolle Musik, tanzbare Musik, lustige Texte, ein Frontmann der affektiert und charismatisch durchs Set führt – ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich habe Bilderbuch bereits einmal live gesehen als Support von den Beatsteaks und war damals schon ganz angetan von den jungen wilden Österreichern. Ganz grosses Lob! Was die Jungs da abgeliefert haben war einfach nur ganz, ganz, ganz grosse Spitzenklasse.

The Strumbellas

Die Kanadier von The Strumbellas haben sich mit ihrem Set auf der Zeltbühne sofort in die Herzen vom Publikum gespielt. Die 6-köpfige Truppe war so herzlich, sympathisch und zugänglich, dass innerhalb kürzester Zeit alle mittanzten und mitsangen. Ebenfalls ein Highlight am ZOA, auch wenn etwas 08/15, denn auch endlich einmal etwas anderes als Elektro.

Kaiser Chiefs

Mein letzter Act am ZOA 2016 waren die Kaiser Chiefs. Ich kenne die Band schon seit sie in den Kinderschuhen steckten. Seitdem hat sich ihr Musikstil meiner Meinung nach zu sehr ins Poppige und Elektronische verändert und das steht ihnen einfach überhaupt nicht. Man hat auch live gemerkt, dass sie sich mit den neuen Songs nicht so wohl fühlen, wie mit den alten. Obwohl lustigerweise das Publikum scheinbar die neuen Songs besser fand, bzw. auf die neueren Sachen mit mehr Enthusiasmus (Tanzen, Klatschen etc.) reagierte. Das Konzerterlebnis wurde ein wenig getrübt, weil Sänger Ricky Wilson sich kürzlich das Bein verletzt hatte und eine Stütze tragen musste. Ich kenne ihn live nicht, aber er wirkte am ZOA ziemlich neben der Spur und etwas „angepisst“. Ob das seine normale Attitüde ist? Jedenfalls wirkte die Performance der Band runtergespielt, uninspiriert und ausser bei ihren Über-Hits wie „Ruby“ oder „Everyday I love you less and less“ zogen einen die Songs nicht wirklich in ihren Bann.

 

Zusammenfassung

Zusammengefasst war das für mich das langweiligste ZOA bisher. Fast nur elektronische Bands, kaum Abwechslung. Die grossen „Reisser“, wirklich tolle, spannende Main Acts haben für mich persönlich gefehlt, genau so wie gute, unterhaltsame Bands zum Entdecken für Zwischendurch gefehlt haben. Die Verteilung der Acts zwischen Haupt- und Zeltbühne war seltsam und teilweise nicht nachvollziehbar. Die generelle Ausrichtung vom Festival auf Elektro scheint Formen anzunehmen, die mir persönlich überhaupt nicht zusagen. Meine Highlights waren: Die Antwoord, Sigur Ros, Bilderbuch und The Strumbellas. Und bitte, liebes ZOA: schafft es nächstes Jahr endlich, endlich, endlich die Leute am ersten Tag pünktlich aufs Gelände zu lassen. Das ist wirklich eine Sauerei, sowohl für die Bands als auch fürs Publikum.

1 Kommentar

  1. Ich habe deinen Bericht schon mal im Herbst gelesen und wollte dazu einen Kommentar schreiben, jetzt bin ich endlich dazu gekommen. Nun, es war mein erstes ZOA und war positiv überrascht, da ich aus der elektronischen Ecke komme und eigentlich nur spontan wegen Camo & Krooked und Boys Noize gehen wollte. Am Ende wurde es trotzdem ein 4-Tages-Pass, eine Entscheidung die sich gelohnt hat. Meine Favoriten waren The Chemical Brothers, Camo & Krooked, Boys Noize, Underworld und Die Antwoord. Als Liebhaber der elektronischen Tanzmusik bin ich mit deiner harten Kritik an den Brothers natürlich nicht einverstanden 😉 Ich genoss das Spektakel wie kein anderes an diesen vier Tagen. Ich muss gestehen, dass ich die beiden vorher nur flüchtig kannte und war dementsprechend überrascht, als mir wuchtige Bässe wie aus einem 90er Warehouse Rave entgegengeflogen kamen. Der Donnerstag war ohnehin eine Augenweide für mein Tanzbein, gleich danach (stimmt nicht ganz, leider kam es beim Umbau zu Verzögerungen) begeisterte mich Boyz Noize gleichermassen. Nur die Crowd war nicht das Gelbe vom Ei. Den Abschluss machten schliesslich meine liebsten Produzenten des Drum & Bass: Camo & Krooked. Endlich zeigten sie mal, was sie wirklich können und mit MC Fava stand auch noch einer der sympathischsten MCs der Scene auf der Bühne. Auch schön zu sehen war, dass mit MadVamp auch dem Schweizer Nachwuchs einen Auftritt auf der grossen Bühne ermöglicht wurde.

    Und noch zu Underworld: Dieses „Konzert“ beinhaltete den besten Moment des Festivals. Die Stimmung war ohnehin schon gelöst, aber als es zu Regnen anfing war die Meute nicht mehr zu halten. Im Regen friedlich zu Ravesound und einer bunten Lichtshow tanzen, ohne die nervigen Moshpits die es leider bei TCB gab, war für mich ein richtig magischer Moment.

    Zu deinem Punkt, dass es zu viele Electro-Pop Bands gab: Mich hat das natürlich nicht gestört, im Gegenteil. Ich war froh das man dazu gut tanzen konnte, im Gegensatz zu normalen Pop-Bands wo das nur schlecht möglich ist oder einfach keinen Spass macht. Und meiner Meinung nach war da noch deutlich mehr von Pop als Electro zu hören.

    Sonstiges: Amy McDonald hat mir auch gefallen, war mal schön eine Band zu sehen die keine grosse Show aus ihrem Auftritt gemacht hat. Die Antwoord waren super, allerdings fand ich die Show zu durchdacht, mehr Improvisation wäre glaubwürdiger rübergekommen.
    Wird man nächstes Jahr wieder einen Bericht zu lesen bekommen? Das Lineup dieses Jahr wird dir ja kaum so zusagen. Und welche Festivals dürfen sich dieses Jahr auf deinen Besuch freuen?

    Grüsse
    Levin

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