Die Afghan Whigs in absoluter Topform

Obwohl die Afghan Whigs im nahen Ausland und den USA grosse Hallen mühelos füllen, fristen sie in der Schweiz nach wie vor ein Nischendasein. Und das, obwohl es die Band schon seit den frühen 90ern gibt und sie zu den wichtigsten Vertretern der damaligen Grunge-Ära zählt. Nur eingefleischte Fans der ersten Stunde finden sich stets an Konzerten von Grossmeister Greg Dulli zusammen. Es hat natürlich Vor- und Nachteile – Ein grosser Vorteil sind die dadurch stattfindenden, intimen Konzerte im ganz kleinen Rahmen, an denen man die Band aus nächster Nähe bei ihrem Wirken auf der Bühne erleben kann. Und es ist tatsächlich ein Erlebnis, die Band rund um Frontmann Greg Dulli live zu sehen. Trotz einer ungewöhnlichen Karriere mit zwei längeren Trennungen haben die Afghan Whigs immer wieder zusammengefunden, mit wenigen Wechseln in der Besetzung. Und trotzdem, dass kürzlich ihr langjähriger Gitarrist, Dave Rosser, mit gerade mal 50 Jahren an Krebs gestorben ist, führten sie glücklicherweise ihre Tour durch Europa fort.

Die Tour steht natürlich ganz im Zeichen ihres neuen Albums „In Spades„, welches im Frühling dieses Jahres das Licht der Welt erblickte. So dominierten auch die neuen Songs in ihrer Show in Zürich im Mascotte, was aber keineswegs störte. Das neue Material, das nahtlos an die früheren Hits und Erfolge anknüpft, bewies auch auf der Bühne riesiges Potential, welches die Band quasi bis zum letzten Tropfen komplett ausschöpfte. Ihr Sound, der eine eigenwillige Mischung aus Grunge, Soul, R’n’B und Rock ist, kam satt und druckvoll aus den Boxen und drang durch Mark und Bein. Gepaart mit perfektem und zielgenauem Zusammenspiel der Musiker, einer Präzision, wie man sie nur ganz selten erlebt und der einnehmenden und faszinierenden Aura von Greg Dulli, ergab das eine Mischung, die Gänsehaut und Euphorie auslöste. An der Gitarre sprang an diesem Abend Support Ed Harcourt für Dave Rosser ein, und das tut er wohl auch auf dem Rest der Tour. Er füllte diese grosse Lücke mit ausgesprochener Professionalität und dem nötigen Respekt. Respekt wurde dem Verstorbenen auch zu Hauf gezollt, Greg Dulli hielt sogar im Verlauf des Konzerts einen kleinen Nachruf und widmete Rosser danach ein Lied, angeblich dessen Lieblingssong. Auch Rosser’s Hut, den er an Konzerten angeblich sehr gerne trug, fand seinen Platz auf einem Verstärker auf der Bühne und wachte über das Geschehen.

Eine Schande und ein Segen zugleich, sind die Afghan Whigs nie bekannter geworden. Und ein riesiges Glück, dass Greg Dulli auch nach so vielen Jahren Musikschaffen immer noch die atemberaubendsten Songs schreiben kann.

Auch Support Ed Harcourt, welcher die Afghan Whigs später an der Gitarre unterstützte, lieferte als Support eine eindrückliche Show ab. Der Engländer war früher eigentlich vor allem bekannt durch seine piano-lastigen Balladen, zeigte an dem Abend aber, dass in ihm auch wesentlich mehr steckt und er ein differenzierter, vielseitig talentierter Indie-Musiker ist. Auch er zeigte einige neue Songs von seinem letzten Album Furnaces, begeisterte aber vor allem durch den äusserst effektvollen Einsatz des Loop-Geräts und dem geschmeidigen Wechsel zwischen Gitarre und Piano. Wer Ed Harcourt also noch nicht auf dem Schirm hat, sollte sich schleunigst über den Künstler informieren.

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