Konzert-Kritik: Ezra Furman, 2. November 2016 im Bogen F in Zürich

Ezra Furman ist eine eigentümliche Erscheinung. Sympathisch in hohem Masse, ein schüchterner, schlaksiger junger Typ mit Hundeblick, grün gefärbter Strubbelfrisur (deren Farbe er gerne regelmässig ändert), knallrotem Lippenstift, Tanktop und Minirock. Ein Anblick, der sich einem im zwar hipsterigen, aber braven Zürich nicht oft bietet. Ezra, der so untypisch typische Junge von nebenan, steht schon lange vor dem Konzert an der Bar und plaudert interessiert mit den Leuten um ihn herum. Bis kurz vor seinem Gig sieht man ihn gemütlich im Club herumwatscheln und noch lange mit der Sängerin der Vorband am Merchandise-Stand reden.

Als der charismatische, schrullig anmutende Sänger dann die Bühne betritt wird schnell klar, dass in dieser extrovertierten und doch unscheinbaren Erscheinung ein schier überwältigendes Talent steckt, das auf der Bühne zu seiner vollen, farbenfrohen und facettenreichen Pracht erwacht. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht den Anschein haben mag, sind seine eingängigen, schmissigen Songs komplexe, dahinpreschende Hits, die bis ins letzte Detail liebevoll zusammengesetzt wurden. Eine perfekte Basis für diese Komplexität bietet seine Band, The Boyfriends, die genau weiss, wie sie seine Musik umsetzen muss. In perfektem Zusammenspiel und mit einer unbändigen Spielfreude und Leidenschaft schaffen die Musiker es trotz spürbarer Professionalität, dem Sound den nötigen Dreck zu verleihen, der auch in der Stimme des Frontmanns sitzt. Ezra singt, winselt, quietscht, schreit und raunt ins Mikrofon, witzelt mit dem Publikum, beteuert, er hätte wohl nie mit seiner wohlklingenden Stimme gepunktet, dafür aber mit seinem Songwriting. Trotz seiner, vielleicht nur gespielten, Unsicherheit ist er ein angenehmer und herzlicher Entertainer und bringt das Publikum oft zum lachen. Empathische Konzertbesucher realisieren aber sehr wohl, dass hinter seinen Witzen oft eine traurige Wahrheit und Verletzlichkeit steckt. Doch genau diese Traurigkeit und Melancholie ist es, die Ezra zu einem derart grandiosen Autor seiner Songtexte gemacht hat, was er im Song „Watch you go by“ auch schon selber bemerkt: „And I’ve got a bright future in music – As long as I never find true happiness.“

Seine Musik ist irgendwo angesiedelt im ungezügelten Punkrock der 80er, kombiniert mit einer guten Prise Swing und einer starken Prägung von Singer/Songwritern aus den späten 90ern mit deutlichen Einflüssen von Jeff Buckley oder Elliott Smith. Jedenfalls ist das live auf der Bühne die ultimative Kombination um als Konzertbesucher wieder einmal ordentlich das Tanzbein zu schwingen und so kommt es dann auch, dass das Publikum im Bogen F innert kürzester Zeit begeistert mithüpft und -tanzt.

Ezra Furman, dieses aussergewöhnliche und so empörend talentierte Geschöpf, zeigt jedenfalls an diesem Abend in Zürich eine Top-Leistung und schafft ein Konzert, das noch lange in allerschönster Erinnerung bleiben wird.

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