Konzert-Kritik: Open Season, 18. März 2015 in der Hafenkneipe Zürich

Die Werbemaschinerie im Vorfeld lief ausgezeichnet: Das Konzert von Open Season in der Hafenkneipe in Zürich war ausverkauft und deshalb war der überschaubare Raum bis auf den letzten Meter voll mit tanz- und singfreudigem, jungen Publikum.

Open Season ist eine junge Schweizer Band aus Bern, die es seit 2000 gibt. In den früheren Schaffensjahren konzentrierten sie sich stilistisch auf Reggae und Ska, wobei sich im Verlaufe der gemeinsamen Arbeit immer mehr elektronische Einflüsse einschlichen. Auf ihrem neusten Album „Boombay“ liessen sie sich nun auch vermehrt von indischer Musik inspirieren. Ob diese spannende, musikalische Entwicklung auch live etwas taugen würde?

Überraschend pompös ging es los. Die kleine Hafenkneipe wurde Stadiontauglich in sphärisches, blaues Licht getaucht, während aus den Boxen ein mächtiges Fanfaren-Intro erklang, aus welchem man beinahe Woodkidsche Ambitionen zu erkennen glaubte.

Somit waren die Erwartungen gross an die jungen Schweizer und das Publikum schon vor dem eigentlichen Konzertbeginn ordentlich angeheizt. Ein solch episches Intro in die Runde zu werfen, birgt jedoch einige Risiken. Oft setzt es die Messlatte zu hoch für das Darauffolgende. Sänger Santosh Aerthott trat dann auch mit ordentlich Selbstvertrauen auf die Bühne und überragte, auf einem Podest stehend, die restliche Band um einige Köpfe. Was zuerst als richtig cooler Gag schien und eine lustige Überheblichkeit signalisierte, wurde der Band aber im Verlaufe des Abends zum Verhängnis. Schlussendlich artete das Konzert von Open Season nämlich in eine One-Man-Show aus, was sicher nicht im Sinne der Gruppe war. Die Band im Rücken des schillernden, super aufgelegten und äusserst gesprächigen Frontmanns machte ihre Arbeit nämlich wirklich richtig gut. Der Sound sass und war für so eine kleine Location auch supergut abgemischt. Die elektronischen Elemente, vor allem die tiefen Basslinien, krachten ordentlich in Mark und Bein. Musikalisch erfüllten Open Season folglich die Erwartungen auf eine dröhnende, rauschende Party, welche das Intro angekündigt hatte, absolut.

Auch mit ihrem Multikulti-Musikstil konnten sie bei allen Anwesenden punkten. Diese unverkrampfte und rasante Mischung aus Hiphop, Reggae, Ska und Pop mit dem indischen Einschlag war die perfekte Konzert- und Partymusik. Sie eignete sich prima zum Tanzen (sofern man denn Platz dazu hatte), animierte zum Mitsingen und strotzte nur so vor eingängigen Ohrwürmern und Partyhits zum Mitgröhlen. Gerade die orientalisch angehauchten Songs kamen richtig gut an und sorgten für eine tolle Stimmung.

Trotzdem blieb das Gefühl, dass alles doch etwas zuviel Show war und trotz allem etwas zu wenig dahinter steckte. Irgendwie schlich sich der Verdacht sein, dass diese Band gerade kurz davor ist, ihren grossen Durchbruch vorzubereiten und verzweifelt versucht, ein Image zu vermitteln, in das sie noch nicht ganz hineinpassen.

Grundsätzlich war es aber ein wirklich tolles und kurzweiliges Konzert und das Durchstarten würde ihnen wirklich zustehen, auch international könnte die Band gut ankommen. Sie gestalteten das Konzert mit vielen persönlichen Ansagen an Leute im Publikum und mit speziellen Zugaben und Medleys am Ende des Sets wirklich intim und herzlich, was die Leidenschaft, Dankbarkeit und Freude der Musiker wunderbar zum Ausdruck brachte. In einer anderen Location und einer Bühne, auf der sich alle Beteiligten auf Augenhöhe gegenüberstünden, wäre vielleicht das Gefälle zwischen Frontmann und Band auch nicht so krass aufgefallen. Jedenfalls wird man von Open Season in Zukunft ziemlich sicher noch einiges hören. Im Sommer werden sie auch die Schweizer Festivals beehren und danach sicher einige neue Fans gewonnen haben.

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