Konzert-Kritik: Rag’n’Bone Man, 9. Dezember 2016 im Bogen F in Zürich

Der Bogen F hatte sich für den ganz grossen Andrang gerüstet: Der Clubraum wurde entschlankt und die sperrigen Garderobenständer wurden kurzerhand zu einer voll funktionstüchtigen Garderobe umfunktioniert in einem der Bogen neben dem Konzertlokal, was eine sehr willkommene Neuerung war. Hauptsache Platz schaffen hiess die Devise – denn wenn Rory Graham alias Rag’n’Bone Man ruft, dann kommen die Massen.

Nur mit viel Glück durften die Konzertbesucher an diesem Abend den neu gefeierten Superstar nämlich noch in diesem kleinen und persönlichen Rahmen erleben, bevor er auch in der Schweiz mit Vollgas durchstartet. Bereits sind 2017 zwei nächste Konzerte in Zürich angekündigt, eines im Rahmen der Swiss Music Awards und ein weiteres wenig später in der neuen Halle 622 (Tickets via Starticket). Und wenn man den bärtigen und überaus sympathischen Bär einmal live erlebt hat, dann hat man auch überhaupt keine Probleme mehr, sich zu erkären, woher der bis anhin noch gänzlich unbekannte Engländer diesen Erfolg hat.

Schon im Elternhaus wurde Graham von seinen Eltern, beide ebenfalls Musiker, mit Blues geprägt. Als Jugendlicher wendete er sich jedoch mehrheitlich Hiphop zu und begann zu rappen. Geschickt und mit viel Feingefühl und Ideenreichtum begann er nach und nach, diese zwei Musikstile zu kombinieren und entwickelte so eine zeitgemässe und einnehmende neue Mischung von Hiphop, Blues und Soul. Nach einigen akustischen Gigs als Support-Act, unter anderem von Joan Armatrading, ging dann plötzlich alles ganz schnell. 2015 entdeckte ihn die BBC und bewarb ihn als neuste Entdeckung. In Windeseile kam Graham bei Columbia unter Vertrag und nun bringt er im Februar 2017 nach diversen EPs sein allerseits sehnlichst erwartetes Debütalbum heraus. Dieses heisst wie die bereits veröffentlichte gleichnamige Single, „Human“, welche bereits wie eine Rakete die Charts erstürmte.

Den ganzen Wirbel um seine Person merkte man dem gemütlichen Hünen jedoch überhaupt nicht an. Mit einer Ruhe und Selbstverständlichkeit, die man kaum fassen konnte, schmetterte er mit beeindruckender Stimme seine Songs in den Raum als wäre es das Leichteste der Welt. Von seiner angeblichen Erkältung war überhaupt nichts zu hören, sein Stimmorgan war nach wie vor mächtig und absolut einzigartig. Er glänzte in emotionaler Kopfstimme ebenso wie in tieferen Lagen mit einer warmen, samtigen Stimmfarbe, konnte aber im nächsten Moment krächzend ausbrechen und richtig viel Soul in die Stimme bringen.

Die ideale Plattform bot ihm dafür seine gut eingespielte Band, und der perfekt abgemischte Sound schmeichelte seiner Performance natürlich noch zusätzlich. Der einizge Wermutstropfen war, dass Effekte wie Bläserensemble oder Streicher vom Synthesizer kamen. Hier hätte man sich zum vollendeten Genuss richtige Instrumente hergewünscht – aber das wäre zum aktuellen Stadium seiner Karriere, die ja noch in den Kinderschuhen steckt, für eine Clubtour etwas zuviel verlangt gewesen.

Es war jedenfalls ein gigantisches Erlebnis, dieses Ausnahmetalent live sehen zu dürfen. Und das erst noch in einem kleinen Rahmen im Bogen F, was für Graham’s momentanen Bekanntheitsgrad eigentlich so gar nicht mehr möglich gewesen wäre. Seine Musik hat nun jedenfalls auch bei uns eingeschlagen wie eine Bombe. Man wird von Rag’n’Bone Man noch vieles hören in den nächsten Jahren und das ist wirklich, wirklich gut so.

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