Konzert-Review Alt-J

Es ist mir bis jetzt selten so schwer gefallen, ein Konzert-Review zu schreiben, wie bei Alt-J. Es ist einerseits schwierig, wenn man bereits grosser Fan einer Band ist, da man die Objektivität verlieren könnte. Andererseits ist da die öffentliche Meinung, die hypet und hypet als gäbe es kein Morgen mehr. Dann sind da Preise, wie der beliebte Mercury Prize, die verliehen werden (Alt-J’s Debutalbum An Awesome Wave als bestes Album). Das steigert die Erwartungen beinahe ins Unermessliche. Haben Alt-J an diesem Abend im Zürcher Club Plaza diese grossen Erwartungen erfüllt?

Das Plaza in Zürich ist ein wunderschöner Club. Die Grösse stimmt, das Ambiente stimmt, man sieht von überall wunderbar zur Bühne, das Barpersonal ist speditiv und freundlich und der Sound, ja der Sound ist im Plaza auch ganz fantastisch. Die perfekte Location also für eine Newcomer-Band wie Alt-J.
Das Publikum war an diesem Dienstag Abend sehr jung und die Szene, die liebevoll Hipsters genannt wird, dominierte ganz offensichtlich den Raum (entgegen allen Erwartungen war das Publikum während des Konzertes später andächtig ruhig und sang an den richtigen Stellen begeistert mit).

Die Vorband war (und ist) im Internet ein Mysterium – auch nach ausgiebiger Recherche habe ich im Vorfeld keine Hörproben von PAON gefunden. Es war also sehr spannend, was einen da erwarten würde. Es stellte sich als sehr unterhaltsamer, experimenteller Indie-Surf-Rock heraus. Die Band war zwar eher wortkarg, aber sie schafften es trotzdem, den Zuhörern die Wartezeit auf Alt-J etwas zu verkürzen.

Kurz nach 9 Uhr traten die lange erwarteten Alt-J auf die Bühne. Die Pausen-Gespräche verstummten sogleich, eine angespannte Erwartung lag im Raum und Alt-J starteten ihr Set. Mit einer unaufgeregten Show, dafür mit einer atemberaubenden musikalischen Topleistung hatten die vier Jungs das dankbare Publikum sofort auf ihrer Seite. Die rhythmische Exaktheit, mit welcher Alt-J ihre Songs performten, war ein wahrer Genuss. Frontmann Joe Newman sorgte mit seiner eingängigen Charakterstimme für einige Gänsehautmomente, vor allem wenn die Band dazu ansetzte, ihn mit mehrstimmigem Gesang zu unterstützen. Energisch wummernde Bassbeats, ein fantastischer und ideenreicher Drummer, spielerische Keyboardbegleitung, beschwörende Chorgesänge und sanfte, tragende Gitarrenmelodien ergaben eine bezaubernde Mischung, die das Publikum bis zum Schluss fesselte.
Damit Musik, wie Alt-J sie machen, auch live funktioniert, braucht es von den Musikern höchste Konzentration und eine musikalische Topleistung. Diese Konzentration war den vier Jungs während des ganzen Konzerts anzusehen. So wurde dann auch mal erwähnt, dass man sich von Alt-J etwas mehr Mut auf der Bühne gewünscht hätte. Das mag wohl stimmen, etwas mehr Innovation und vielleicht etwas veränderte Songparts hätten dem Konzert zusätzlich Tiefe gegeben. Das Set war sehr kurz und da Alt-J bis jetzt nur ihr Debütalbum im Gepäck haben, wusste man auch ganz genau, was einen erwarten würde, von daher blieben die grossen Überraschungen aus. Nichts desto trotz, Alt-J haben live bewiesen, dass sie in diesem Jahr zu Recht den Musikolymp erobert haben. Dass der Erfolg sie überrumpelt hat und sie es nicht gewöhnt sind, soviel Aufmerksamkeit zu bekommen, das merkt man. Sowohl auf der Bühne wie auch in Interviews sind sie stets schüchtern und wirken oft etwas überfordert. Aber auch das werden die Jungs aus Leeds noch hinbekommen. Bestimmt haben sie mit ihrer sympathischen Art und diesem grossartigen Konzert noch mehr Fans für sich gewinnen können.

Alt-J sind zur Zeit noch am Anfang ihrer grossen Welttournee. Ich wünsche ihnen, dass der unerwartet grosse Erfolg sie nicht aus der Bahn wirft und sie ihrer bodenständigen Art treu bleiben können. Ich glaube nämlich, dass wir von dieser Band in Zukunft noch viel gute Musik zu hören kriegen.

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