Konzert-Review: Conor Oberst, 18. August 2014 im Kaufleuten Zürich

Der gute Conor Oberst hatte es nicht immer einfach in seinem Leben. Geplagt von Depressionen und einem ambivalenten Verhältnis zu Alkohol schien sein Leben wie eine einzige Qual für den jungen Amerikaner. Das Ergebnis dieses Kampfes mit sich selber waren jedoch unzählige berührende, desaströse, umwerfende, traurige und vielseitige Songs, welche wohl ziemlich jeden Indie-Fan in seiner Jugendzeit begleitet und getröstet haben.

Die Freude war bei Fans und Kritikern folglich gleichermassen gross, als Conor Oberst für dieses Jahr sein neustes Werk, Upside Down Mountain, angekündigt hatte. Umso erstaunter war man aber, als die ersten Hörproben einen ganz neuen Einschlag zeigten: Trotz der prägnant weinerlichen Stimme Conors, welche stets diesen berühmten melancholischen Touch über seine Songs legte, klang seine Musik plötzlich gelöster, unkomplizierter und vor allem deutlich optimistischer, beinahe beschwingt.

Mit diesem Vorgeschmack war es eigentlich klar, dass das anstehende Konzert im Zürcher Kaufleuten anders anmuten würde, als die schrulligen und sperrigen Konzerte der letzten Jahre – und so war es dann auch.

Der Support The Dawes waren durchaus solide, nett anzuhören aber auf Dauer dann doch etwas eintönig. Und spannenderweise wurde ihnen sehr viel Zeit eingeräumt als Vorband, was man durchaus auch etwas hätte abkürzen können. Ihre Musik, eine optimistische Mischung aus Indie-Folk, Country und Poprock, blieb während des Sets uninspiriert und zeigte wenig Ideenreichtum. Das liess einen etwas skeptisch werden, da sie wenig später als Backing Band für Conor Oberst antreten würden.

Diese Annahme stellte sich aber kurz darauf überhaupt nicht als Problem dar. Die Band huschte beinahe unbemerkt auf die Bühne und satt und rockig ging das Hauptset dann auch schon los – und rockig blieb es bis zum Schluss. Ziemlich erstaunt erlebte man dann einen gänzlich anderen Conor Oberst, als noch vor nicht allzu langer Zeit. Schon im zweiten Song fing der sonst sehr zurückhaltende Sänger an, zu headbangen und fegte wild über Gitarre und Bühne, dass dem Publikum nichts übrig blieb, als leicht verdutzt dreinzuschauen. Relativ zurückhaltend wurde dann auch der Rest des Sets beäugt und belauscht.

Woher diese Zurückhaltung? Die musikalischen Fakten kurz zusammengefasst: Frontmann Conor war sowohl stimmlich als auch stimmungstechnisch in Höchstform und zeigte eine enorme Bühnenpräsenz. Er strotzte vor Selbstvertrauen und strahlte eine tiefe Harmonie aus in dem was er tat. Seine Backing Band (The Dawes) war ein eingespieltes Team und performte präzise, knackig, leidenschaftlich, erstaunlich ideenreich und dynamisch. Der Sound war einmal mehr, typisch fürs Kaufleuten, herrlich satt und definiert abgemischt. Das Gesamtpaket stimmte – oder etwa nicht?

Die psychologischen Fakten kurz zusammengefasst: Fans von Conor Oberst und seiner früheren Bandkombo Bright Eyes schätzen ihn für seine depressive, unberechenbare, zerbrechliche und erschütterte Ader, die seine fragile und gleichzeitig ausufernd tobende Musik so wundervoll qualvoll und überwältigend macht. Man möchte sich an einem Conor Oberst Konzert am liebsten irgendwo in einer dunklen Ecke verstecken mit einem vollen Glas Rotwein und sich seinen Ängsten, Sorgen und seiner Trauer hingeben um sich so richtig darin zu suhlen. Das war an diesem Abend schlichtweg nicht möglich.

Die Band spielte hinter Conor derart kraftvoll und offensiv, dass dieses romantisch Zerbrechliche ersetzt wurde durch eine abwechslungsreiche und vorantreibende Rockshow. So passte das eigentlich durchaus stimmige Gesamtpaket dieses Konzertabends nicht zur Erwartung des Publikums, was wohl bei einigen für Missmut sorgte. Zu sehr hatte man sich etwas anderes vorgestellt oder gar gewünscht. War man aber bereit, dem neuen Conor Oberst ohne Vorurteile zu begegnen, wurde man an diesem Abend mit einem bunt gemischten Set an Songs quer durch seine Schaffenszeit belohnt, die neu eine ganz andere Stimmung hervorrufen konnten und durfte einen herrlich rockigen Conor Oberst erleben, dem das auch wirklich gut stand. Respekt für seinen Mut, diese grosse Veränderung – entgegen der Erwartungen der Fans – zu wagen.

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