Eine Maschine, die läuft und läuft und läuft: Die Ärzte. Seit nun schon 30 Jahren machen die 3 Jungs gemeinsam Musik und trotz diversen Trennungsgerüchten haben sie 2012 wieder ein Album herausgebracht und machen Europa mit ihrem Punkrock einmal mehr unsicher.
Zuerst einmal vorneweg: Frei nach einem neuen Song der Ärzte, „ist das noch Punkrock?“, finde ich es überhaupt nicht Punkrock-konform, dass die Band überpünktlich um 20 Uhr das Konzert beginnt und somit ein gutes Viertel der Fans noch draussen vor der Halle steht (inkl. mir), weil der Einlass von mehreren Ticket- und Taschenkontrollen erschwert wird. Dafür kann die Band selber wenig, aber die Fans hats genervt. Wieder einmal finde ich die Neu-Konstruktion des Hallenstadions in Zürich unter aller Sau und rege mich unpunkig bünzlig darüber auf, dass der Eingang zu den Stehplätzen so eng ist, dass das Hereinkommen sich anfühlt als würde man durch einen Trichter gepresst werden.
Bei diesem Review wird es mir ausserdem schwer fallen, die Band an sich zu bewerten, unabhängig von dem ziemlich rüpelhaften und mühsamen Publikum im Stehplatz-Bereich. Nach einer Stunde war ich dann auch bereits getränkt in Bier. Was für die einen mit genug hohem Alkoholstatus wahrscheinlich witzig war (z.B. volle Bierbecher durch die Gegend schmeissen und Pogen mitten im Publikum ohne Rücksicht auf Verluste), war für die anderen einfach nur nervig. Man kann mir jetzt vorwerfen, man gehe nicht an ein Ärzte-Konzert ohne sich dessen bewusst zu sein – trotzdem finde ich, dass man auch an einem solchen Konzert in den hintersten (!!!) Reihen einen gewissen Anstand erwarten kann. Und mit Spass hat das meiner Meinung nach auch gar nichts mehr zu tun.
Wie dem auch sei, zum Konzert: Nachdem wir den Anfang verpasst haben, war es schwer in die Musik reinzukommen. Musikalisch klangen die drei perfekt, stimmig, wunderbar aufeinander abgestimmt. Bis auf einen kleinen Patzer von Farin bei „Schrei nach Liebe“ (er spielte in den ersten 4 Takten die falsche Tonart), der aber von den anderen Bandmitgliedern nur mit einem leicht irritierten Lächeln kommentiert wurde und das Publikum wahrscheinlich auch gar nicht mitgekriegt hat, legten sie eine reibungslose Show hin. Der Sound war gut abgemischt, zu Beginn etwas zu leise, aber gegen Ende wurde es dann ordentlich laut. Also musikalisch legten sie eine grandiose Leistung hin, das muss man ihnen lassen! Dass Farin ein genialer Gitarrist ist, wissen wir ja längst auch schon alle.
Die Songauswahl war meiner Meinung nach etwas ungünstig. Das lag unter anderem wohl auch daran, dass die neuen Songs live nicht wirklich gut ankamen (zumindest bei mir) und zum Teil fast schon langweilig waren – ich finde es hat die Stimmung, die eigentlich sau gut war, zwischendurch etwas gebremst, vor allem den Song „Sohn der Leere“ hätten sie sich wirklich sparen können. Als dann aber die Hits kamen wie zum Beispiel „Hip Hip Hurra“, „Mitten in die Fresse rein“, „Schrei nach Liebe“, „Deine Schuld“ oder gegen Schluss hin „Unrockbar“ tobte das Publikum, zu Recht. Denn bei diesen Songs fühlten sich die Ärzte wirklich wohl, das merkte man, und mit einer Gefühlsmischung von Verbundenheit und jugendlicher Rebellion war es bei diesen Hits ein regelrechtes Schwelgen in Erinnerungen an die guten alten Zeiten. Grandios, hätte mir als „alter Fan“ mehr davon gewünscht!
Zu den Ärzten als Entertainer: Berühmt für ihre Zwischenansagen, derben Sprüche und Witze und ihre abgeänderten Songtexte erwartete ich einiges von der Band, die sie Pferd nannten. Davon erlebte man gestern im Hallenstadion aber leider nicht so viel. Die Anti-Schweiz-Witze und Farin’s Schweizerdeutsch-Geplänkel waren spätestens nach einer Stunde einfach nicht mehr lustig.
Alles in allem war ich persönlich etwas enttäuscht, aber ich muss auch ehrlich sagen, ich war nicht so in der Stimmung für die Ärzte und ich habe auch die Vermutung, dass es nüchtern sowieso nicht so diesen Reiz hat wie etwas alkoholisiert. Für viele wird es ein super Abend gewesen sein und man kann den Ärzten auch nichts vorwerfen, die Show war souverän und professionell, wenn auch vielleicht etwas zu professionell für Punk.
Zum Abschluss noch ein Video zum Song „Ein Sommer nur für mich“:
Ich muss dir leider genau das vorwerfen, was du annimmst. Bei so einem Konzert muss man mit sowas rechnen. Sonst: Sitzplatz. 🙂 Und dann kommt man eben auch ein bitz früher… 🙂
Allgemein fand ichs grossartig, war aber auch halt zvorderstvorne und gehe halt bei so Zeug gerne ab. Das gehört dazu!
Ist schwierig, früh zu kommen, wenn man bis 18 Uhr in Basel arbeiten muss und noch irgendwo was zu essen herkriegen muss um nicht gleich umzukippen 😉
Dass mich das Publikum gestört hat, hat ja grundsätzlich nichts mit der Konzertkritik zu tun. Meine nicht so grosse Begeisterung über die Leistung der Ärzte wurde auf FB gerade von einem eingefleischten Berliner Ärzte-Fan bestätigt.
Ansonsten habe ich ja erwähnt, dass es für viele sicher ein cooler Abend war. Betrachte das ganze musikalisch gesehen halt etwas nüchterner 🙂
Mhm, das ist natürlich ungünstig. Kann man aber nicht den Organisatoren vorhalten, das ist halt einfach Pech, wenn man nicht früher kann. 🙂
Und ich fands musikalisch ganz gut, ebenso wie von den Leuten. Habe halt keine Ärzte-Konzerte zum Vergleich, da dies mein erstes war.
Ich halte den Organisatoren nicht vor, dass sie um 8 Uhr anfangen (obwohl ich das für ein Konzert ohne Vorband sehr früh finde), ich halte ihnen vor, dass sie den Eingang durch mehrere Ticket- und Taschenkontrollen zusätzlich erschweren und verlängern.
Musikalisch habe ich ja auch nichts bemängelt 🙂
Also mir hats gefallen 😉
Die Bierwerfer waren zwar wirklich echt nervig und auch die Möchtegern-Poger direkt vor uns, aber das Konzert hat mich begeistert.
Ich find bei der Zugabe (die 45-minütige) haben sie nochmal Vollgas gegeben.