Lauschig und gemütlich ist es im Eldorado an diesem kalten Winterabend in Zürich. Nichts könnte da besser passen, als ein Konzert im Zeichen des gemütlichen Indiefolk, ein Abend zweier Singer/Songwriter, von denen der eine etwas berühmter ist, als der andere.
Vielleicht mag man den Namen hier und dort mal an einem kleinen Festival gehört haben, aber der Berliner Singer/Songwriter Sir Simon (Simon Frontzek), welcher als Support für John K. Samson auftrat, ist in der Musikszene noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Passend dazu trat er recht unscheinbar auf die Bühne, der hagere, kautzige junge Typ mit Baseball-Käppi. Eigentlich könnte man, vielleicht trotz Bad-Hair-Day, erwarten, dass das Käppi höflichkeitshalber abgesetzt wird für einen musikalischen Auftritt. Sofern man nicht gerade Mitglied der Bloodhound-Gang oder desgleichen ist, hat ein Käppi auf der Bühne eigentlich nichts verloren. Abgesehen davon war es ein typischer „Junge-mit-Gitarre“-Auftritt. Nichts überragendes oder überraschendes. Nur gemütliches, entspanntes Gitarrengeklimper, bisweilen etwas monoton, aber herzig. Bei den Songtexten hat sich Sir Simon dann aber grosse Mühe gegeben, diese überzeugen durch Ehrlichkeit und beschreiben Situationen, die der Sänger mitten aus dem Leben gegriffen hat. Man muss ihn schon gern haben, den Sir Simon, wie er da verloren und selig auf der Bühne steht und singt – aber ein bisschen mehr Originalität würde ihm zukünftig wohl noch mehr Türen öffnen. Man merkte dem Musiker jedoch deutlich an, dass er gerade einen richtigen Höhenflug erlebt: So tourt er momentan frischfröhlich mit seinem grossen Idol John K. Samson durch Europa. Eine grandiose Chance für einen Singer/Songwriter aus Berlin und bestimmt ein unvergessliches Erlebnis.
Kurze Zeit später trat auch schon John K. Samson auf die gemütliche Eldorado-Bühne. Der aus dem kanadischen Winnipeg stammende und früher stets glattrasierte Sänger und Musiker trägt mittlerweile einen prächtigen Vollbart. Abgesehen davon, dass ihm dieser wirklich ausgezeichnet gut steht, passt es auch zu seiner momentanen Solo-Tour. Während des ganzen Sets fühlte man sich nämlich wie ein Kind, dass an einer Märchenstunde teilnimmt. Dieses Gefühl von Gemütlichkeit, Vertrauen und Bodenständigkeit strahlt der Sänger nämlich auf eine wunderbar unverkrampfte Weise aus. John K. Samson hat die Fähigkeit, aus den simplesten und auch aus den komplexesten Geschichten von Alltag, Liebe, Schmerz und Freude zauberhafte und berührende Lieder zu formen, denen man stundenlang zuhören könnte. Sein unverschämtes Gespür für brillante Melodien, unbekannte und wunderschöne Akkordfolgen, intelligente und geschickt formulierte Texte, kombiniert mit diesem verlegenen Lächeln, dass nicht nur Frauenherzen dahinschmelzen lässt – all das ergibt ein Gesamtpaket, dass einfach funktioniert und begeistert. John K. Samson scheint wirklich das zu machen, was ihm angeboren wurde: Geschichten erzählen, Musik machen und Menschen damit beglücken. Und das lustigerweise in einer derart reduzierten Form, die sich recht stark von seiner eigentlichen Punk-Folk-Band „Weakerthans“ unterscheidet. Das Set wurde dann auch reich verziert mit Weakerthans-Songs, was natürlich unter den Fans sehr gut ankam. Diese funktionierten nämlich auch akustisch bestens, was eine hohe Kunst bedeutet. Die Stellen, an denen auf den Studioalben Chorgesang erklungen wäre, sang das Publikum einfach helfend mit. Sehr hilfsbereit waren die Fans dann auch, als Samson bei einem ungeplanten, spontan auf Publikumswunsch hin eingebauten Song den Text vergessen hatte.
Wenn man sein Gesicht genauer betrachtete, schien es ständig ein Lächeln zu tragen. Tiefe Lachfältchen zieren seine Schläfen und wenn seine Mundwinkel sich nach oben zogen, spürte man den jugendlichen Schalk, der ihm noch stets im Nacken sitzt. Ein beeindruckender Mann, dem man gerne die ganze Nacht zuhören würde. So war es auch sehr willkommen, wenn er vor den Songs begann, irgend etwas zu erzählen oder aber einfach eine lustige Ansage machte.
Kollege Sir Simon begleitete den Kanadier immer mal wieder bei einigen Songs. Gebraucht hätte es ihn zwar nicht, denn John K. Samson schaffte es auch alleine mühelos, den ganzen Raum für sich zu gewinnen. Trotzdem sorgte es für ein paar lustige und abwechslungsreiche Momente und war eine gut gemeinte Geste. Die richtigen Gänsehautmomente gab es aber schon nur dann, wenn Samson alleine auf der Bühne stand, mit seinem gewinnenden Lächeln, während er an seiner Gitarre diese bewegenden Melodien hervorzauberte und, als wäre es das natürlichste auf der Welt, seine spannenden und berührenden Geschichten dazu erzählte. Gerne mehr davon, gerne bald wieder!
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