Bevor ich jetzt zu einer endlosen Schwärm-Offensive über den Kinski Klub ansetze, komme ich lieber gleich zum Punkt: Das Kinski ist das Beste, was Zürich in den letzten Jahren musiktechnisch passieren konnte. Einen passenderen, stimmungsvolleren und cooleren Rock-Club kann man sich eigentlich gar nicht wünschen.
Diese Tatsache sorgte natürlich bereits im Vorfeld der beiden Konzerte an diesem Abend für eine gemütliche und erwartungsvolle Stimmung. Nur etwa zwanzig Nasen hatten sich bereits im überschaubaren Konzertraum eingefunden, als die Vorband Dirty Sound Magnet auf die Bühne trat. Und es widerstrebt mir etwas, sie als „Vorband“ zu betiteln, denn sie konnten dem Hauptact „Kill It Kid“ mühelos das Wasser reichen.
Es kommt selten vor, dass mich ein Support-Act dermassen begeistert, dass ich sofort nach dem Gig zum Merchandise-Stand renne, um mir die Alben zu kaufen, aber: Diese jungen Fribourger haben den Rock’n’Roll im Blut. Und obwohl das ziemlich abgedroschen klingt, wird es mir jeder bestätigen, der sie einmal live erleben konnte. Da können Bands wie Krokus oder AC/DC einfach mal einpacken. Die Jungs bedienen sich schonungslos dem alt-ehrenwerten Hardrock und Rock’n’Roll, aber mischen ihre Songs mit einer Energie und einem Ideenreichtum auf, wie man es in dieser Form lange nicht mehr erlebt hat und doch immer wieder sehnsüchtig sucht. Und wenn Sänger Didier Coenegracht und seine Band in purer Ekstase beinahe abzuheben oder zu explodieren drohen, kann man sich als Zuschauer und Zuhörer nicht mehr entziehen. Was für eine Spielfreude, was für eine unbändige Wucht, die da völlig ungehemmt aufs Publikum einprasselt. Mit ihrem erfrischend bodenständigen Gespür für eingängige Riffs, packenden Hooklines und spannenden, abwechslungsreichen Kompositionen erschaffen sie, trotz dem altbekannten Musikstil, eine völlig neu anmutende und verdammt eindrückliche Klangwelt. Ihr neues Album Bloop ist in der Schweiz seit Mai 2014 erhältlich. Einziger Wermutstropfen: Der Sound ist meiner Meinung nach etwas sehr clean abgemischt, was die Qualitäten dieser jungen Band ein wenig in den Schatten stellt. Gitarrist Stavros Dzodzos erklärt aber, dass diese reduzierte Abmischung ganz bewusst passiert ist:
„In fact, it’s exactly what we wanted. If you compare it to other albums released nowadays it sounds very different. Everything today is sounding so big. We wanted to create our own sound for the Bloop.“
„Tatsache ist, dass wir das genau so haben wollten. Wenn man unsere EP mit anderen Alben heutzutage vergleicht, klingt es ganz anders. Heute klingt alles immer so gross. Wir wollten mit „Bloop“ unseren ganz eigenen Sound kreieren.“
Man mag Dirty Sound Magnet nur das Beste wünschen und dass sie in Zukunft den Erfolg haben werden, der ihnen zusteht. Ganz grosses Kino!
Mit grossem, nahezu gigantischem Kino ging es danach auch gleich weiter. Nach einer knapp viertelstündigen Verschnaufpause trat vor dem bereits ordentlich aufgewärmten Publikum Kill It Kid auf die Bühne.
Ihr energiegeladenes Set wurde hauptsächlich dominiert vom neuen Album You Owe Nothing, welches im August 2014 erschienen war. Auch auf ihrem dritten Studioalbum haben sie nichts von ihrer enormen Kraft eingebüsst. Während des ganzen Konzertes stampfte ihr intensiver Bluesrock ungebremst durch die Boxen und man meinte beinahe zu spüren, wie jeden Moment die Wände einstürzen könnten. Die ebenfalls noch sehr junge Band trat auch im Kinski einmal mehr unerhört selbstbewusst auf, was nicht weiter verwunderlich ist. Wer solch rohe, bodenständige und kraftvolle Musik derart präzise und zielsicher ins Publikum schmettern kann, der weiss, was er will und das spürte man bei Kill It Kid bei jedem einzelnen Ton. Die Band schien auch das Spielen vor wenig Publikum an diesem Abend sichtlich zu geniessen, obwohl es Sänger Chris Turpin im Gespräch später etwas bedauerte und meinte, es sei nun mal Sonntag Abend, er hätte sowieso nicht mit vielen Leuten gerechnet. Eigentlich eine Schande für eine Band, die rein theoretisch grosse Hallen füllen müsste und könnte.
Wenn man an dieser Stelle etwas Negatives nennen möchte, dann nur, dass die Spieldauer inklusive Zugaben etwa 1 1/4 Stunden betrug, was ich definitiv als zu wenig erachte. Schliesslich möchte man ein derart erfüllendes Konzert so lange wie möglich geniessen! Doch den Missmut über das viel zu früh beendete Konzert machten die Bandmitglieder wieder gut, indem sie nach dem Gig gemütlich an der Bar ein paar Bierchen tranken und mit ihren Fans entspannt und offen ein paar Worte wechselten. Was für ein gelungener, erfreulicher Konzertabend im Kinski!
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