Konzert-Review My Jerusalem, 18.07.2013 im Eldorado Zürich

Ein richtig, richtig heisser Sommerabend war es, als My Jerusalem im Eldorado in Zürich auftreten sollten. Nichts liegt da ferner, als den Feierabend in einem kleinen, stickigen Raum zu verbringen, um sich von lauter Musik beschallen zu lassen und Bäche zu schwitzen – da möchte man doch lieber schleunigst in den See oder in die Limmat springen… Es war deshalb auch nicht weiter verwunderlich, dass sich, abgesehen von den Bandmitgliedern und deren Crew, nur ungefähr 10 Nasen eingefunden hatten, um diese grossartige Liveband hautnah zu erleben. Um die Fans etwas zu motivieren, verkündete Jeff Klein am Nachmittag per Facebook: „Zurich tonight at El Dorado. Sweat it out with us.“

Ein bisschen später als angekündigt betrat die Band die kleine Bühne des Eldorado und legte sofort mit ordentlich Karacho los – und was man da zu hören bekam, ging vom ersten Ton an sofort durch Mark und Bein. Abgsehen davon, dass es für die Grösse des Eldorados beinahe einen Tick zu laut war, war es wohl schlichtweg einfach die enorme Wucht der 4-köpfigen Band, die einen beinahe zur Tür hinausschleuderte. Ein satter, gut abgemischter und eindrucksvoller Sound kam aus den Boxen, wie man ihn selten erlebt in solch kleinen Locations. Frontmann Jeff Klein fiel durch seine geheimnisvolle, verschrobene und düstere Aura sofort auf und hatte eine sehr einnehmende Bühnenpräsenz. Sein Gesang war unglaublich wandelbar und flexibel. Er wechselte spielerisch zwischen einer tiefen, warmen Bruststimme und seiner charakterstarken und krächzigen Schreistimme und setzte diese Facetten gekonnt und stilsicher ein.

Bei seinen Mitmusikern, die auch allesamt aus anderen bekannten Bands stammen, fielen insbesondere der Pianist und der Drummer auf. Beim Pianisten war man bald sehr beeindruckt von der Vielzahl an Instrumenten, die er während des Konzertes zur Hand nahm. Er wechselte vom Piano an die Gitarre, an die Posaune und an die Trompete und wieder zurück und beherrschte jedes dieser Instrumente perfekt. Ausserdem lockerte er die Stimmung im Publikum mit lustigen Zwischenansagen auf, denn Frontmann Jeff Klein war eher wortkarg unterwegs. Der Drummer war wohl ein Highlight des Abends. Er fegte regelrecht über das Schlagzeug hinweg wie ein Tornado, mit einer Schnelligkeit, einem Ideenreichtum und einer Leidenschaft, wie man es selten zu sehen bekommt. Ganz grosses Kino!

My Jerusalem haben sich in den letzten Jahren in ihrem Stil in eine etwas düsterere Region des Indierocks bewegt. Das war eine gute Entscheidung und passt absolut zu der Band. Man hat den Eindruck, dass ihnen die Musik auf den Leib geschneidert wurde. Diese harmonische Stimmigkeit spiegelt sich auch in ihren steigerungsreichen und spannungsvollen Songs wieder. Jeder einzelne ist etwas ganz besonderes und durch die Passion, mit der die Musiker ihre Musik vortragen, war es das ganze Konzert hindurch ein riesiger Genuss, den Jungs bei der Arbeit zuzuschauen. Die Spannung hielt sich bis zum Schluss. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass trotz der dunklen Atmosphäre und der stampfenden, vorantreibenden Art ihrer Songs, immer auch Elemente vorkamen, die etwas Leichtigkeit brachten. Sei es ein etwas poppigeres Riff, ein gewagter, unüblicher Rhythmus oder auch mal eine Ballade zwischendurch, das Set war ausgewogen und machte Spass.

Dass sie in ihrer Heimat in grösseren, ausverkauften Clubs spielen und hier in der Schweiz vor 10 Nasen, das ist äusserst bedauernswert. Diese Band besitzt eine Grösse, die die Grenzen eines Eldorados bei Weitem sprengt. Wer jedoch trotz der unmenschlichen Temperaturen diesen intimen und grandiosen Konzertabend mit My Jerusalem erlebt hat, der wurde mit einer phänomenalen, musikalisch hochstehenden Portion Rock und einem seligen Grinsen im Gesicht belohnt.

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