Stephan Eicher ist neben Sophie Hunger wohl einer der international erfolgreichsten Schweizer Musikexporte. Und das ist, wie ich finde, auch überhaupt nicht verwunderlich. Stephan Eicher hat schon seit jeher grosse Massen begeistert. Zu Beginn noch als rebellischer Aussenseiter, mit mal sperrigen und mal zugänglichen Chansons, hat er sich im Laufe seiner Karriere zu einem ernst zu nehmenden internationalen Künstler im Bereich Chanson, Pop und Independent entwickelt.
Sein im 2007 erschienenes Album Eldorado glänzte mit sphärischen, epischen Songs mit bewegenden Steigerungsverläufen und zeigte plötzlich eine ganz andere, teils sehr düstere Seite des Chansonniers. Damals nahm er Martin Wenk (Bläser bei Calexico) mit auf Tour und zeigte mit seinen Musikern eine ganz neue, von Eicher bis anhin unbekannte musikalische Reife.
Sein neustes Album, Envolée, ist eine sehr ruhige und reduzierte Platte. Es kam deshalb nicht von ungefähr, dass man ein eher ruhiges, besinnliches Konzert erwartete. Jedoch täuschte man sich mit dieser Annahme gewaltig. Schon beim Betreten des grossen Konzertsaals des Stadtcasino Basel wurde klar, dass da etwas grösseres im Gange war, als das ruhige Konzert, das man erwartete: Das Bühnenbild war eine riesige Wand von Lautsprechern in allen möglichen Grössen und Varianten – eine Wall of Sound sozusagen.
Recht pünktlich um 8 Uhr kam Stephan Eicher dann auch auf die Bühne, zuerst alleine am Klavier, um kurz darauf von seiner Band unterstützt zu werden. Den Einstieg boten dann einige Songs vom neuen Album, die dann auch vom Publikum mit einer gewissen Zurückhaltung aufgenommen wurden. Bald legte die Band dann aber auch los, setzte ein paar Hits ins Set und zeigte ihre wahre Wucht. So ging es dann auch weiter, es dominierten rockige, laute und wuchtige Songs, die stillen Stephan Eicher-Momente waren eher rar gesät. Eicher gab einigen älteren Songs ein neues Kleid und inszenierte sie teilweise völlig neu, was aber eine ganz gelungene Sache war. Jedoch wurde es dann auf Dauer auch beinahe etwas anstrengend, denn der Sound war extrem laut abgemischt, so dass in musikalisch dichten Stellen ein richtiger Hall entstand und auch Eichers Stimme sich in den Lautsprechern überschlug.
Ein weiterer Punkt, weshalb im Stadtcasino nicht wirklich Stimmung aufkam, trotz der grandiosen musikalischen Darbietung der Band: Es war gestuhlt. Man sitzte, und das passte so ganz und gar nicht zu der rockigen, ausgelassenen Show. Eicher schien mir an diesem Abend auch nicht wirklich in Stimmung. Von ihm bin ich es gewohnt, dass er viel erzählt und auch oft mit dem Publikum witzelt – davon war an diesem Abend irgendwie nicht viel zu erleben. Die Band wirkte sehr distanziert zum Publikum, trotz enormer Spielfreude und einer perfekten und umwerfenden Leistung, vor allem vom Violonisten und dem Schlagzeuger. Aber es gelang Eicher an diesem Abend nicht wirklich, eine Verbindung zum Publikum herzustellen. Erst bei den Zugaben setzte der gewohnte Eicher-Drive ein und bei seiner beliebtesten und berühmtesten Zugabe, „Hemmige“ (Cover von Mani Matter), riss es dann den ganzen Saal von den Stühlen und es wurde eifrig mitgeklatscht und -getanzt. Davon hätte ich mir an diesem Abend aber mehr gewünscht.
Nichts desto trotz war es musikalisch gesehen eine exzellente Leistung mit grandiosen Musikern (ausserdem mit dem Schweizer Gitarristen Hank Shizzoe). Das Bühnenbild war eine wahre Freude und auch kleine Gimmicks wie zum Beispiel die Glühbirnen, die von der Decke hingen waren eine tolle Idee. Aber dem Konzert fehlte irgendwie der rote Faden, die Songs waren scheinbar zu willkürlich aneinandergereiht und Eicher fehlte der Draht zum Publikum. Das Konzert war gut, aber man konnte Eicher schon besser erleben.
Hier eine Aufnahme von Zürich vom Winter 2012, als Eicher in einer merklich besseren Laune war und das Publikum stehen durfte. Ebenfalls schön zu sehen in der Aufnahme, das tolle Bühnenbild.
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