Konzert-Kritik: Tom Odell, 27. November im Volkshaus Zürich

„Never trust the hype“ – ein Sprichwort, das einen darauf hinweisen soll, nicht alles automatisch ebenfalls gut zu finden, was die Medien anpreisen, sondern kritisch zu hinterfragen. So ein Hype-Opfer ist auch Tom Odell. Mit seinem zarten Alter von mittlerweile 23 Jahren wurde der smarte Engländer dieses Jahr mit einem Hit plötzlich viel zu bekannt und wurde postwendend durch die ganze Maschinerie geschleust, von Presseterminen zu Festivals bis hin zur nun beendeten grossen Clubtournee. Mit seinem intensiven und melancholischen Piano-Pop begeisterte er bereits Millionen. Das Konzert im Zürcher Volkshaus war das letzte seiner 3-Monatigen Tour, dementsprechend sollte es für ihn „ein Abend werden, an den ich mich noch lange zurückerinnern werde“.

Tom Odell ist kein Wunderkind. Dieser Junge hat einfach ein grosses Gespür dafür, wie man tolle Songs schreibt. Er kann einfach sau gut Klavier spielen. Seine Stimme ist schlicht unverkennbar, speziell, wohltuend und spannend. Und er ist neben all seinem Talent auch noch einfach ein ganz sympathischer Kerl.

Das Konzert im Volkshaus war von Beginn an eine hoch emotionale, massiv energieschwangere One-Man-Show. Warum Tom Odell allerdings eine Band dabei hatte, bleibt ein Rätsel, denn seine grössten Momente während des Konzertes hatte er in Soloparts alleine am Klavier. Es war beinahe verstörend überwältigend, wie viel Gefühl dieser junge Schnaufer in sein Instrument und seinen Gesang steckte. Was erstaunte, war einerseits, dass er auf einem Klavier spielte statt auf einem Flügel. Dies sorgte im Soundgemisch bei lauten Parts ab und zu für etwas Scherbeln im Klang, was man jedoch nicht unbedingt als störend empfand und der Musik sogar noch etwas Charme verlieh. Andererseits war es etwas schade, dass bei der Soundabmischung das Schlagzeug recht im Vordergrund stand und das verzückende, fantastische Klavierspiel leider etwas unterging. Die satte Abmischung vom Schlagzeug, die man sonst so sehr liebt im Volkshaus, war an diesem Abend beinahe störend. Das waren jedoch nur zwei kurze Gedanken der Kritik, viel zum Denken kam man nämlich sowieso nicht. Zu sehr war man damit beschäftigt, zu schwelgen, zu schmachten, zu tanzen und zu träumen.

Der ein wenig angetrunkene und bestens gelaunte Tom Odell überzeugte in Zürich auf der ganzen Linie, wahrscheinlich überzeugte er zum Schluss sogar die paar finster dreinblickenden älteren Herren im Hintergrund des Saals, die wahrscheinlich ihre Frauen begleiten mussten. Spätestens nämlich beim Beatles-Cover von „Oh Darling“ tobte das ganze Publikum. Oder bei der kurz darauf folgenden Jam-Session zur Vorstellungsrunde der Musiker. Eine wahre Freude war das – hoch talentierte Musiker mit einer unglaublichen Passion, die in den ganzen Saal hineinstrahlte und scheinbar noch weit in die kalte Winternacht hinaus. Hype hin oder her, Tom Odell weiss wirklich was er macht und legt trotz seiner unbändigen Leidenschaft und dem herzig kindlichen Spieltrieb eine grosse Professionalität an den Tag.

Man kann nur hoffen, dass ihm der grosse Erfolg nicht plötzlich im Weg steht und er sich seine Leichtigkeit und Fantasie bewahrt. Wenn Tom Odell diesem grossen Druck von aussen stand hält, werden wir noch viel tolles Material von ihm zu hören bekommen.

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