„Schon krass“ heisst ein Song von AnnenMayKantereit. Und genau so krass ist auch, was die jungen Kölner musikalisch gerade abliefern und auf was für einer ungeheuerlichen Erfolgswelle die Jungs gerade schwimmen. Und glauben können sie es wohl auch selber nicht so ganz, dass sie mittlerweile einen Club in der Grösse vom Plaza in Zürich mühelos füllen können und die begeisterte Menge nach dem Konzert lauthals tobend nach Zugaben schreit.
Sänger Henning May sorgt für reihenweise erstaunte Gesichter, wenn er zum Singen ansetzt. Das Bild, dass der grosse, schlaksige Wuschelkopf wiedergibt, entspricht nicht dem, was stimmlich aus ihm herauskommt. Eine Stimme, mal in den tiefsten Basslagen, rauchig und rau, als hätte er jahrzehntelang Zigarren geraucht und Whisky getrunken, mal mit intensiver Bruststimme, mal schreiend, mal jauchzend − egal was Henning mit seinen Stimmbändern anstellt, es ist ein wahres Vergnügen ihn beim Singen zu beobachten.
Eine gewisse Attitüde kann man ihm nicht absprechen. Jedoch ist der hoch talentierte Sänger auch extrem konzentriert und scheinbar mit jeder Faser seines Körpers voll in der Musik drin, was diese etwas unnahbare Coolness, die von ihm ausgeht, absolut rechtfertigt. Ganz zu schweigen davon, dass seine Texte sehr rebellisch, ehrlich und schonungslos daherkommen, und das schliesslich auch glaubwürdig wirken soll. Man nimmt dem jungen Mann durchaus ab, dass sein Herz schon gebrochen wurde und er weiss, wie eindrucksvoll Liebe sein kann, egal ob zu Freunden, Eltern oder Frauen. Man spürt, dass hinter jeder Silbe, die er singt, viele Gedanken, Wünsche, Ängste und Hoffnungen stecken. Die Band hat ein überaus sensibles Gespür dafür, diese Gefühlsschwankungen und vielseitigen Erlebnisse des Älterwerdens in die wunderbarsten Worte zu fassen. All diese eigentlich simplen Tatsachen, über die sich bestimmt jeder schon einmal Gedanken gemacht hat, schmücken sie mit neuartigen Redewendungen und intelligenten Wortspielen aus und zeigen an den richtigen Stellen einen zynischen Humor, der erfrischend und bodenständig anmutet. Sie bringen die Sachen auf den Punkt, und das direkt und unverblühmt. Hätte doch kein berühmter Poet auf der Welt dies schöner formulieren können: „Das Glas ist wütend und ich bin halbvoll.“
Umhüllt werden diese prächtigen Liedtexte von Musik, die packt und richtig grossen Spass macht − und die Band setzt sich dabei auch keine Grenzen, was Musikstile anbelangt. Da wechseln sich nervöse, stampfende Rhythmen mit grossartigen Klavierballaden ab, mal sorgt die Mundharmonika für Abwechslung und einen Country-Einschlag, im anderen Song wird ein frecher Lambada eingebaut, plötzlich swingt man zu groovigem Jazz mit, nichts scheint unmöglich für die Kölner und nichts scheint unpassend. Musikalisch zeigen sie eine tolle Leistung mit viel Kreativität und Ideen, die schlichtweg begeistern. Sogar das Cover von „Sunny“ interpretieren sie auf eine umwerfende Weise und machen daraus ihr ganz eigenes Lied. Ausserdem muss man auch noch erwähnen, dass die Band wirklich sichtbar Freude daran hat, was sie tut, und diese Freude strömt in voller Kraft auf das Publikum über.
Auch am Konzert im Plaza in Zürich waren in kürzester Zeit wohl alle Anwesenden davon überzeugt, dass es sich bei AnnenMayKantereit nicht um eine 08/15-Band handelt, die gerade einen Aufwind hat. Nein, diese Band sollte man besser im Auge behalten und unbedingt eines ihrer nächsten Konzerte besuchen. Im Herbst sind sie nämlich bereits wieder in der Schweiz!
25.09. – Dackstock Bern
26.09. – Gaswerk Winterthur
27.09. – Schüür Luzern
Guten Abend,
ich durfte AnnenMayKantereit Ende Juli auch live bewundern. Rückblickend habe ich das Gefühl für ein paar Stunden in eine völlig andere Welt abgetaucht zu sein. Ich musste das Konzert erstmal verdauen, fand aber, dass es ein einmaliges Erlebnis war. Ich wäre sofort wieder dabei, wenn die Band einen Auftritt in meiner Nähe hat.
Toll finde ich auch, dass Henning May sowohl deutschsprachige als auch englischsprachige Lieder mit voller Überzeugung singen kann.
Viele Grüße und vielen Dank für den tollen Konzertbericht.
Emma