Konzert-Review: Half Moon Run,
2. November 2013 im Plaza Zürich

Die Kanadier Half Moon Run bewiesen in diesem Jahr bereits auf ihrem Debutalbum Dark Eyes, dass man seinem Stil absolut treu bleiben kann und trotzdem eine grosse Spannbreite an verschiedenen Songs und Stilen präsentieren kann. Egal ob ein poppiges Lied wie „Judgement“, ein bluesiges Liebesgeständnis wie in „Need it“ oder eine Elektro-Hymne à la „Full Circle“, all das beherrschen die blutjungen Bandmitglieder perfekt.

Das Zusammenspiel auf der Bühne funktioniert genau so reibungslos. Jeder Ton sitzt und die Chorgesänge harmonieren auf betörende Weise. Doch diese Perfektion wird ihnen im Verlaufe des Konzertes ein wenig zum Verhängnis. Obwohl die Stimmung im Publikum sehr gut ist und alle Songs, vor allem ihre beiden Hits „Full Circle“ und „Call me in the Afternoon“, die sie etwa in der Mitte des Sets platzieren, frenetisch gefeiert werden, springt der Funke zwischen Band und Publikum nicht wirklich über. Und das, obwohl die Stimme des Sängers Devon Portielje alleine schon für unzählige Gänsehautmomente sorgt und zeitweise sogar an einen frühen Jeff Buckley erinnert. Erst, als sie beim gewaltigen und düsteren Rocksong „She wants to know“, etwas aus diesen festen Mustern ausbrechen und sich die klaren, strukturierten Soundwände plötzlich auflösen, sphärisch vor sich hinwummern und der Gitarrist mit überraschenden Verzierungen dazwischenfunkt, spürt man ganz deutlich diese treibende Kraft und enorme Spielfreude, die von der Band ausgeht.

Wahrscheinlich kommt das daher, dass die Band noch nicht lange gemeinsame Sache macht und das ihre erste wirklich grosse Headliner-Tour in Europa ist. Die Erfahrung, um auf der Bühne Neues zu wagen und gewagte Sachen auszuprobieren, fehlt noch. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn das Konzert ist von Anfang bis zum Schluss ein richtiger Genuss, stimmig, harmonisch, abwechslungsreich und kurzweilig. Die Jungs zeigen musikalische Topleistung, ganz zu schweigen von ihrem grandiosen Songwriting und diesen verdammt eingängigen Stücken, die einen nicht mehr loslassen wollen. Live entwickeln sie ausserdem eine sehr rockige Note, die wohltuend und spannend wirkt. Sie haben ein riesiges Talent, unheimlich viel Charme und diese feine, selbstironische Arroganz, die man von hippen, aber noch nicht so bekannten Indiebands kennt und liebt.

Eine junge, aufstrebende Band mit viel, ganz viel Potential, die live zu überzeugen vermögen und vermutlich bald richtig gross durchstarten wird – wenn sie nicht schon dabei sind.

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