Man kann von Mika halten was man will – Aber seine Konzerte spielen in einer Liga, die an Emotionen, Lebensfreude, Abwechslung und einer guten Portion Kitsch nicht zu übertreffen ist. Ein Konzert von Mika, das bedeutet 2 Stunden lang tanzen, hüpfen, kreischen, mitsingen, weinen, lachen, schwelgen, klatschen und vor allem ein gut gelauntes Publikum, das für einen Abend lang eine riesige Party miteinander feiert.
Auch das dritte Mal, dass ich diesen merkwürdigen quirligen Sänger mit seiner quietschigen Stimme erleben durfte, hat er mich vom ersten Moment an mitgerissen. Mika hat jedes Mal eine enorme Bühnenpräsenz, flirtet mit dem Publikum, springt wie ein Gummiball über die ganze Bühne, turnt auf dem Klavier herum, vergisst in seinem Eifer auch gerne mal den Text oder die Akkorde zu einem neuen Song und lässt sich von seinen Bandkollegen helfen und wickelt jeden im Publikum innert kürzester Zeit um den Finger. Es scheint, seine Energie würde locker noch für sechs weitere Stunden reichen. Er gibt alles an seinen Konzerten – und vor lauter Euphorie vergisst man als Fan auch gerne mal, dass hinter diesem unglaublich talentierten Wildfang auch ein ganz normaler Mensch steckt. Ein junger, gutaussehender Mann, der eigentlich eine ganz normale Stimme hat und mit normaler Frisur total brav aussieht. Dazu habe ich ein tolles Interview mit ihm gesehen: Im Vorfeld der Konzerte am Blueballs Festival in Luzern haben sie mit jedem Künstler ein kurzes Interview geführt mit dem Titel „Meet the Artist“. Da traten auch Ren Harvieu und Mika auf (Video siehe weiter unten im Beitrag). In diesem Interview gibt Mika ein paar sehr intime Details aus seinem Seelenleben preis und erstaunt mit sehr tiefgründigen und überraschenden Aussagen, die einen aber auch etwas ins Grübeln bringen. Zum Beispiel ist es für ihn scheinbar sehr schwierig, dass alle Leute nur den lustigen, fröhlichen Mika von der Bühne kennen und erleben wollen, aber dass sich niemand für den eigentlichen Mika interessiert, den Menschen dahinter, der auch mal schlecht gelaunt sein kann und eher nachdenklich und still ist. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich kurz die Zeit zu nehmen und sich die Interviews anzusehen.
Jedenfalls war das Konzert wieder einmal von der ganz genialen Sorte und nach kurzer Zeit waren sogar die ganz hartgesottenen Kerle, die wahrscheinlich von ihren Frauen mitgeschleppt worden waren, am Tanzen, Lachen, Klatschen und Mitsingen. Ausserdem hat sich wieder einmal meine Ahnung bestätigt: die neuen Songs kommen live hammermässig rüber. Auch der Song, bei welchem Pharell Williams mitgewirkt hat und der in der Studioversion total platt klingt, war live eine grandiose Stimmungsbombe (nicht zuletzt wegen den Riesen-Luftballons, die man ins Publikum warf). Viel gabs jedoch vom neuen Album noch nicht live zu hören. Die Setlist war mit all seinen alten Hits gefüllt von den letzten beiden Alben. Aber was man hören durfte, lässt auf ein tolles neues Album schliessen, das übrigens Origin of Love heisst und am 16. September herauskommen soll. Was mir auch positiv aufgefallen ist: Mika ist stimmlich schon viel sicherer geworden. In seinem Enthusiasmus traf er in seinem Falsettgesang manchmal die Töne nicht so gut – das scheint jetzt aber verschwunden zu sein. Jedenfalls hat er sich gesanglich sehr weiterentwickelt. Ein wundervolles Konzert!
Ich möchte aber noch einige Worte über Ren Harvieu verlieren. Sie war der Support-Act für Mika. Ich habe sie schon vorher gekannt und wusste, da steckt viel Potential dahinter, aber was mich da live erwartet hat, hat mich echt aus der Bahn geworfen. Eine kleine, unscheinbare Frau trat da auf die Bühne, und als sie begann zu singen wurde es still im ganzen Saal. Diese Magie! So etwas habe ich selten erlebt bis jetzt. Ihr Musikstil ist von den 60ern angehauchter Pop, aber kreativ gemischt mit Elementen von heute, eingängigen Basslines, origineller Leadstimmenführung und satten Schlagzeugbeats. Ren und ihre Band lieferten eine musikalische Topleistung ab und schafften viele Gänsehautmomente das ganze Konzert hindurch. Die Songs sind jeder für sich ein wahres Wunderwerk und obwohl jeder davon so verschieden ist, schafft Ren einen stylistischen Bogen über das ganze zu legen, so dass alles in sich stimmig bleibt. Ihre Ausstrahlung ist sehr mächtig und vor allem geheimnisvoll. Und das mit ihren zarten 21 Jahren. Sie hat bereits eine künstlerische Reife, für die andere ein ganzes Leben lang brauchen, um sie zu erreichen. Ihr Debutalbum heisst übrigens Through the Night und ist seit April 2012 draussen. Merci, Ren, du hast mich verzaubert. 🙂
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