Konzert-Kritik: Scott Bradlee’s Post Modern Jukebox, 8. April 2016 im Kaufleuten Zürich

Ein Youtube-Phänomen ausser Rand und Band: Scott Bradlee’s Post Modern Jukebox gastierte letzte Woche im Zürcher Kaufleuten und versetzte damit die tanzfaulen Zürcher in Ekstase. Das war zumindest der Plan, der aber in der Realität nur teilweise aufging.

Scott Bradlee, das junge Multitalent, das mit Vorliebe moderne Mainstream-Hits im 20er-Jahre-Style covert und damit schon seit einigen Jahren die Youtube-Gemeine auf den Kopf stellt, tourt momentan mit seiner zusammengewürfelten und ab und an wechselnden Band durch Europa. Was dabei sofort auffällt: Scott Bradlee ist an den Konzerten selbst nicht anwesend. Obwohl er auf sämtlichen Konzertplakaten zuvorderst in Gross abgebildet ist und auch auf allen Aufnahmen stets am Klavier sitzt und mit performt, war seine Abwesenheit in Zürich ein kleiner Wermutstropfen. Nun schickt er also eine sage und schreibe 12-köpfige Super-Truppe in die grosse weite Welt hinaus und erobert damit ein Massenpublikum im Sturm. Kein Wunder: Sowohl die hochtalentierten Sängerinnen, die allesamt an Stimmgewalt und Sexyness kaum zu übertreffen sind als auch die zahlreichen Profi-Musiker und die zierliche Stepptänzerin lieferten eine perfektionistische, doch leider total einstudierte Show ab. Da war nichts dem Zufall überlassen, jede Bewegung, jeder Ton, jede Showeinlage sass wie angegossen. Man wurde auch zu Beginn des Abends dazu aufgefordert, soviel wie möglich zu filmen und zu fotografieren, und alles doch auch bitte unbedingt mit dem Hashtag #PJMTour zu versehen. Das ganze Konzert war nur auf pure, energiegeladene Unterhaltung 2.0 ausgelegt, von A bis Z ein regelrechtes Varieté. So kam es, dass man sich an diesem Abend in Zürich dann auch über grosse Strecken hinweg eher wie in einem Musical fühlte, als an einem richtigen Konzert.

Nun kann man aber nicht sagen, dass das Konzert schlecht war, ganz im Gegenteil. Was da auf der Bühne geboten wurde, war pure Perfektion und der Sound war einzigartig gut abgemischt, wenn auch etwas zu leise. Aber regelmässige Konzertgänger waren wohl etwas irritiert ob der prunkvollen Show, die leider fernab von Passion und liebevoller Performance ablief. Es fehlte schlichtweg an Charakter und Gehalt, was das musikalische Erlebnis leider etwas trübte. Abgesehen davon war es eine wahre Freude, zu sehen, wie solche vermeintlich plumpen Popsongs doch erstaunlich gut für gehobeneres Publikum funktionieren, wenn man sie in die richtige Form setzt.

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